So eine Langdistanz sind doch „nur“ zwei Halbe…

Wenn man sich allein die Streckenlänge von 3,8km Schwimmen, 180km Radfahren und 42km Laufen ansieht, reden die einen von einer unvorstellbaren Distanz aber als Rookie sieht man „nur“ eine doppelte Halbdistanz und die habe ich ja schon ein paar mal und auch schon recht zügig bewältigt.
Auch den Marathon war ich bereits 3 Mal gelaufen, aber jeweils ohne eine so lange vorherige „Erwärmung“. 😉
Die Vorbereitung war bis auf meine 2 wöchigen Knieprobleme im März/April gut verlaufen und die Tests sowohl in Wettkampf als auch im Training sehr vielversprechend und auch in der Tapering-Zeit konnte ich eine wachsende Form spüren.
So positiv eingestellt befand ich mich 5:15 Uhr am Morgen des 6.7.2014 in der Wechselzone des Ironman Frankfurt. Die Nacht war bereits 3 Uhr zu Ende, aber dafür hatte ich gut geschlafen. Das Fahrrad wurde einem letzten Check unterzogen, Reifen aufgepumpt, Flaschen und Verpflegung angebracht.

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Nach einem letzten Toilettenbesuch wurde der Neo übergestreift und nochmal kurz eingeschwommen. Die Profis und auserwählten Age-Grouper wurden bereits 6:45 Uhr auf die 226km lange Reise geschickt. Ich durfte mit dem Großteil des Feldes pünktlich 7 Uhr folgen. Die letzten Minuten vor dem Start waren noch sehr zäh vergangen und man fragte sich, ob man wirklich bereit war, alles gut vorbereitet und wie der Tag wohl verlaufen würde. Der Startschuss ließ alle Gedanken verrauchen und es gab für die nächsten Stunden nur noch einen Weg, den nach Vorn.

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Den Start hatte ich mir schlimmer vorgestellt. Zu meinem Glück konnte ich frei losschwimmen, da mein linker Nebenmann von der Startlinie nach Links zog und so tat es der auf der rechten Seite nach Rechts. Also erstmal freie Bahn. Nach etwa 10m bekam ich aber wieder Gesellschaft von allen Seiten, wobei es sehr gesittet zu gang und keine größeren Körperkontakte zu vermerken waren. Ich konnte gleich ein gutes Tempo finden und im Sog des großen Feldes mitschwimmen. Das Gefühl für Zeit und Tempo verlor ich dabei aber fast gänzlich. Ich war nur versucht meine Armfrequenz möglichst stabil oben zu halten und hoffte damit zügig wieder das Wasser verlassen zu können.
Die erste Runde verging recht langsam, die zweite dafür schnell, jedenfalls bis auf die letzten 200m in denen die Arme signalisierten, dass der Schwimmpart dann bald zu Ende sein darf.
Nach ziemlich genau 1h konnte ich dann also bei meiner ersten Langdistanz das Wasser verlassen. Also alles noch im geplanten Zeitrahmen. Um in die Wechselzone zu gelangen, durfte man einen längeren Sandhang hinauflaufen, was wohl die einzige Stelle des Rennens ist, in dem der Puls Richtung Maximum schnellt. Danach ging es so zügig wie möglich durch die 1. Wechselzone.

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Auf dem Rad fühlte ich mich dann gleich wohl. Einmal in der Aeroposition schaute ich noch ein paar Mal auf den Wattmesser um ein gutes Gefühl für die angepeilte Leistung zu gewinnen und wie sich dabei die Beine anfühlen und dann konnte ich nach Gefühl fahren. Ich war dabei von Anfang an auf der linken Spur zu finden, um einen Sportler nach dem anderen zu überholen. Gerade zu Beginn konnte man einige Grüppchen sehen, bei denen man aufpassen musste nicht zu viel beim Überholvorgang zu investieren und bei der eigenen Zielleistung zu bleiben.

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So vergingen die ersten 30km ohne nennenswerten Geschehnisse. Doch bei der ersten Durchfahrt durch „The Hell“, einem ca 300m langem Pflasterstraßenabschnitt, löste sich meine Trinkflasche, in der ich alle Gels für das Radfahren in mühsamer Handarbeit hineingedrückt hatte, aus dem Halter und verabschiedete sich scheppernd. Ein kurzer Blick zurück und der Gedanke umzukehren und die Flasche zu holen. Doch ich entschied mich weiter zu fahren. Schließlich gab es in regelmäßigen Abständen Verpflegungsstellen mit Gels, Riegeln und Wasser. Bei km 50 fuhr ich auf Sven Perschneck vom TV Dresden auf, der sich gemeinsam mit einem anderen Sportler entschloss einen Teil der Strecke mit mir zusammen zu absolvieren. So konnten wir in einem fair fahrenden 3er Konvoi uns immer wieder in der Führung abwechseln und das Tempo so gleichmäßig hoch halten. Sven half mir in der nächsten Verpflegungsstelle dann auch freundlicherweise genügend Gels zu erhaschen, um meinen Verpflegungsrhythmus einhalten zu können. Danke nochmals an dieser Stelle!!

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Bis km 85 hielt unsere Zweckgemeinschaft. Die Beiden entschieden sich ihren eigenen Rhythmus ab dem Punkt weiter zu fahren und ich den meinen und setzte mich ab. So fuhr ich die restlichen gut 100km ziemlich allein in meinem Trott, der nur durch die ständige Nahrungsaufnahme, Getränke und Gels ergreifen und Kontrahenten überholen unterbrochen wurde. Nach 90km hatte ich 2:18h auf der Uhr und freute mich bereits auf eine Top-Radzeit.

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Leider wurde ich durch den stärker werdenden Wind auf der 2. Runde etwas gebremst, doch bei gleicher Leistung kam ich nach 4:39h in der 2. Wechselzone an.

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Dort zog ich mir Socken an und schnappte meine anderen Sachen und ging noch vor dem Loslaufen für 2min auf die Toilette, denn dieses Bedürfnis hatte sich schon länger auf dem Rad angedeutet und ich wollte den Lauf ohne Unterbrechung durchziehen.

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So passte es dann auch, dass als ich das Dixie verließ direkt mit der schnellen Läuferin Kristin Möller auf die Laufstrecke wechselte. Dort musste man sich erstmal gewaltig einbremsen, da die Beine erstmal schneller wollten als es ihnen der Kopf sagte. Später wurde das Verhältnis eher andersherum… 😉

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Gemeinsam mit Kristin absolvierte ich die erste Runde in etwa 40min, was genau meinem Plan entsprach. Anfang der zweiten Runde bekam ich energetische Probleme und musste etwas drosseln und verlor so etwas auf meine Mitläuferin. Das Tempo von 4:10-4:15 konnte ich dann aber wieder gut halten und Mitte der Runde lief ich wieder an ihr vorbei. Zu Beginn der 3. Runde wurde es bei mir nochmal um 30sec langsamer und sie überholte mich endgültig. Ich musste dann wirklich kämpfen um die 4:35-4:45 durchzulaufen.

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Immer wieder ließ mich der Energiemangel spüren, dass ich zuführen musste und so verbrauchte ich unverhältnismäßig viele Gels im Lauf. Aber ich konnte bis km 38 durchlaufen. Kurz davor hatte ich Kumpel Nico Pietsch überholt, der ebenfalls richtig beißen musste.

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Als ich nun aber eine kurze Gehpause einlegen musste, weil sich mein Körper nicht mehr wirklich weiter bewegen wollte, war er es, der mir unfreiwillig weiter half.

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Schließlich will man an so einem Punkt nicht wieder zurück überholt werden. 😉 Er und der Traum von sub 9h im Ironman. So konnte ich nach etwa 500m wieder in den Laufschritt wechseln und abermals ein Tempo um 4:40 anpeilen. So vergingen die letzten gut 2,5km wie im Flug. 3:07h zeigte meine Garmin an, als ich nun über die Ziellinie gelaufen bin und das nach einer Gesamtzeit von 8:54h.

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Einfach Wahnsinn, ich hatte es wirklich in der vorher geträumten Zeit von unter 9h noch ins Ziel geschafft. Ab dem Punkt fiel alles ab und ich spürte, was ich dem Körper angetan hatte und wie schlecht es mir eigentlich ging. Aber dieses Erlebnis war es allemal wert. Unbeschreiblich der Zieleinlauf wenn man weiß, dass man es gleich geschafft hat.
Im Erholungsbereich wartete dann schon Kumpel Sven Kunath, der in der ersten Startgruppe gestartet war, und mit dem ich mir etwas von der üppigen Zielverpflegung schmecken ließ, wobei mein Magen noch nicht wirklich bereit war wieder viel zu sich zu nehmen.
Bei der Siegerehrung am nächsten Tag konnte ich mich dann über den Titel des Europameisters in meiner Altersklasse der 18-24 Jährigen freuen und die Chance auf einen Startplatz bei der WM in Hawaii. Diesen habe ich aber abgelehnt, da mir in meinem ersten Jahr auf der Langstrecke ein solch langes Rennen reicht.

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Im Abschluss möchte ich allen Danken, die mich in der langen Vorbereitung und am Renntag, vor Ort oder vor dem Bildschirm daheim, so unglaublich unterstützt haben. Ein riesiges Danke geht auch an meinen Trainer Thomas Weber von Renovatio-Personal Training, genauso wie an meine anderen Sponsoren HTS Dresden, TESO Elementetechnik, RunnersPoint Elbepark Dresden, Bikehouse Scheibe in Kamenz, Jens Würtenberger von der Deutschen Vermögensberatung, Compressport und Fit for Life in Kamenz. VIELEN DANK!!!

Jetzt gilt es erstmal ein wenig die Beine baumeln zu lassen und zu regenerieren und dann geht es an die gezielte Vorbereitung für die Halbdistanz beim Knappenman! 😀

Ergebnis Frankfurt